Waldbaden – der Biophilia-Effekt

Waldbaden – der Biophilia-Effekt

Es ist Sommer, draußen in der Sonne ist es heiß, ein kühles Bad wäre jetzt genau das Richtige, denken Sie…

Sie haben den ganzen Tag intensiv gearbeitet und haben das Verlangen nach Ruhe, Entspannung und einfach nur Abschalten bei guten Gerüchen und beruhigendem Farbenspiel. Sie möchten jetzt am liebsten in die Natur…

Wie wäre es mit einem erfrischenden Waldbad?

Der berühmte Psychologe Erich Fromm kannte die Sehnsucht der Menschen nach der Natur und bezeichnete dies als Biophilia, was aus dem Griechischen übersetzt so viel bedeutet wie „die Liebe zum Leben“. Er bezeichnete damit die Liebe der Menschen zur Natur und zum Lebendigen.

Was ist Waldbaden eigentlich genau?

Ganz einfach ausgedrückt: Ein achtsamer Spaziergang im Wald, bei dem Sie voll und ganz in die Natur eintauchen. Wir gehen dabei nicht wirklich baden, sondern tauchen ganz ein in die wunderbare Natur des Waldes. Wir genießen Bäume, Sträucher, Moose und vieles mehr in vollen Zügen und ganz bewusst. Das hat einen wunderbaren Effekt auf Ihren Körper, den Geist und Ihre Seele. Denn bereits der Anblick eines Waldes senkt Stresshormone, hebt die Laune und sorgt für Ihr inneres Gleichgewicht. Denn der Mensch ist ein lebendiges Wesen, zu viel Technik zu lange am Stück kann krank machen. Der Mensch entwickelte sich in den letzten Jahrhunderten, insbesondere Jahrzehnten, wie im Zeitraffer weiter und wurde immer moderner. Er verbringt seine Zeit zunehmend in geschlossenen Räumen ganz wider seine Natur. Doch jetzt merkt er – leider oft  erst nach deutlichen Zeichen des Körpers in Form von Krankheiten – wie sehr er ursprünglich mit der Natur verbunden ist, es ist ihm ein menschliches Urbedürfnis, sich mit anderen Lebewesen zu verbinden.

Wann tritt der Biophilia-Effekt ein?

Wenn wir uns mit unseren natürlichen Wurzeln verbinden, dann tritt der Biophilia-Effekt ein. Das wusste schon vor 900 Jahren Hildegard von Bingen sehr zu schätzen und schrieb ihre Erkenntnisse über die Heilwirkungen der Pflanzen nieder. Sie nannte die Heilkraft der Natur „Grünkraft“.

Auch die Menschen im asiatischen Raum sind uns weit voraus in Sachen Heilung durch die Natur. Sie bezeichnen Waldbaden als „Shinrin Yoku“, das ist stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie „Baden in der Waldluft“.

Außerdem empfehlen japanische Ärzte ihren Patienten sowohl präventiv als auch therapiebegleitend beispielsweise bei Herzkreislauferkrankungen, Krebs oder Burnout, Wälder aufzusuchen. Asien erforscht bereits seit den 1980er Jahren intensiv den positiven Effekt auf die Gesundheit im Zusammenhang mit Aufenthalten in Wäldern.

Einer der Vorreiter ist der Mediziner Qing Li, er gründete einen eigenen medizinischen Forschungsbereich und konnte so über die Jahre eine ganze Reihe Heileffekte des Waldes wissenschaftlich belegen. Es gibt mittlerweile viele Waldtherapiezentren, an denen Shinrin Yoku mit verschiedenen Schwerpunkten praktiziert wird.

Bäume helfen gegen Diabetes 2

Ein japanischer Professor für Diabetologie machte eine interessante Feststellung, nachdem er mit 116 Patienten in den Wald gegangen war. Vor der Abfahrt nahm er Blutproben und untersuchte den Blutzuckerspiegel und den Glukosewert. Dann gingen sie im Wald spazieren, Pausen, Anstrengung usw. wurden genau geplant und dokumentiert. Der Test ergab, dass alle Blutzuckerwerte schon während dem Waldspaziergang sich stark verbesserten. Hierbei ist zu beachten, dass auch Gegenstudien durchgeführt wurden, wo die alleinige Anwesenheit im Wald, also ohne Bewegung, ausreichte, um den Blutzuckerspiegel zu verbessern. Ausschlaggebend war aber das Medium Natur, Bäume, Wald.

Eine andere Studie von Roger Ulrich konnte belegen, dass Patienten schneller nach einer Operation genesen, wenn sie die Möglichkeit hatten, aus ihrem Krankenbett auf einen Baum zu sehen. Zudem konnten die Medikamente reduziert werden. Diese Studie wurde mehrfach bestätigt und später sogar bekräftigt, als man herausfand, dass schon Fotos von Natur, Zimmerpflanzen und Tonbandaufnahmen von Waldgeräuschen im Patienten positive Effekte auslösten und sich somit konstruktiv auf die Genesung auswirken können.

Außerdem benötigen Menschen weniger Antidepressiva, wenn sie sich viel in der Natur aufhalten und Schmerzpatienten weniger Schmerzmedikamente.

Wie kann ein Wald heilsam sein?

Der Wald ist voll von wunderbaren Gerüchen, Düften, Farben, Geräuschen.

Die Farbe Grün gilt als beruhigend; in den unzähligen Schattierungen, die der Wald zu bieten hat, wirkt die Farbe besonders intensiv auf das Unterbewusstsein. Auch die Gerüche des Waldes sorgen bei Waldbesuchern nachweislich für Entspannung: die vielfältige Mischung der Aromen ist dabei je nach Tages- und Jahreszeit, Art und Dichte der Vegetation sowie Witterung höchst unterschiedlich.

Besonders empfehlenswert ist es, im Sommer in den Wald zu gehen und vor allem in die Mitte des Waldes, dort sei die Konzentration an heilenden Stoffen von Blättern und Bäumen am höchsten und somit am effizientesten.

Der Blutdruck reguliert sich, Stresshormone werden abgebaut, das Immunsystem gestärkt.

Verantwortlich für diese Effekte sind vor allem die Terpene, die den Waldbäumen untereinander als chemisches Kommunikationsmedium dienen: Die Waldluft ist voll von diesen Stoffen. Besonders hoch ist die Konzentration in Wäldern mit Nadelbaumanteil oder nach einem kräftigen Regenschauer.

Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen, dass der Wald dann besonders intensiv riecht und wir uns fast wie berauscht fühlen, wenn wir nach einem längeren Waldspaziergang nach Hause kommen, wenn es kurz zuvor geregnet hatte.

Der österreichische Autor, Biologe und Wissenschaftler Clemens Arvay hat sich damit auseinandergesetzt, welche Auswirkungen Pflanzen und Tiere auf das menschliche Immunsystem bzw. auf unsere Gesundheit haben. In seinem Buch „Der Biophilia Effekt“ schildert Arvay den Wald als hochkomplexen Lebensraum, in dem tausende Lebewesen miteinander kommunizieren.

Wenn Sie nur einen Tag im Wald verbringen, sind in Ihrem Blut 7 Tage lang mehr natürliche Killerzellen aktiv als normalerweise – ein erstaunlicher Effekt.

5 Tipps zum richtigen Waldbaden von Professor Quing Li

  1. Erstellen Sie einen Plan, der zu Ihrer körperlichen Fitness passt. Fordern, aber überfordern Sie sich nicht mit Ihrem Ausflug in den Wald.
  2. Legen Sie regelmäßig Pausen ein und nehmen Sie achtsam Ihre Umgebung wahr.
  3. Trinken Sie viel Wasser oder ungesüßte Tees, nehmen Sie sich einen leichten Snack mit in Form von Obst oder Gemüse.
  4. Sie sollten im Idealfall mindestens 2 Stunden im Wald sein und 2,5 Kilometer gehen.
  5. Wenn Sie noch längere Zeit etwas von Ihrem Waldaufenthalt haben möchten, um Ihre Killerzellen im Körper zu stärken, dann sollten Sie 3 Tage am Stück im Wald sein – vielleicht eine Inspiration für Ihren nächsten Kurzurlaub oder ein verlängertes Wochenende?
Waldbaden – der Biophilia-Effekt