Macht „Magenschutz“ süchtig und krank?

Magenschutz etwas näher betrachtet

Die so genannten „Magenschutz-Mittel“ (Handelsnamen wie zum Beispiel Pantoprazol®, Omeprazol® usw.) sind gewaltige Umsatzbringer. Die Mittel wirken durch Unterdrückung der Säureproduktion im Magen und gaukeln dadurch Gesundheit vor, wo eigentlich eine Fehlfunktion begünstigt wird. Ein scheinbarer Vorteil der Mittel ist, dass sich der Magen der Patienten dann weniger gegen diverse Medikamente wehrt, die in unserer Zeit gerne verordnet werden, um die Patienten auf eine bestimmt Medikation „einzustellen“. Aber das Ganze hat einige gravierende Nebeneffekte, wie ein Beitrag des „SPIEGEL“ belegt.

Zitat:

 „Das Zaubermedikament wird zum Fluch (von Veronika Hackenbroch)

 Ärzte verordnen viel zu oft Magensäureblocker – und verkennen, wie sehr die Pillen Patienten schaden können. Und wie schwierig es ist, die Mittel wieder abzusetzen.

Als 1988 in Deutschland das Medikament Omeprazol auf den Markt kam, änderte sich das Leben von Hunderttausenden Magenkranken. Zuvor war, wer an einem Geschwür, einem „Ulkus“, litt, verdammt zu vielen Wochen Schonkost und einem Leben ohne Kaffee und Alkohol. Viele mussten sich einer großen, blutigen Operation unterziehen, bei der man ihnen einen Teil des Verdauungsorgans herausschnitt.

Mit dem neuen Medikament heilten Magengeschwüre zügig wieder ab – der Wirkstoff blockiert beinahe vollständig die Säureausschüttung der Magenzellen. Zusammen mit verschiedenen Antibiotika, die das damals entdeckte Ulkusbakterium Helicobacter pylori bekämpften, wirkte es oft Wunder. Magenchirurgen mussten den Großteil ihrer Patienten an die Internisten abgeben und auch jahrelanges, schmerzhaftes Sodbrennen ließ der Säureblocker häufig verschwinden, als wäre nie etwas gewesen.

Doch nun scheint das Zaubermedikament für viele Menschen zum Fluch zu werden, und zwar weltweit. Das Problem: Die Mittel, sogenannte Protonenpumpenhemmer, von denen in Deutschland inzwischen fünf verschiedene auf dem Markt sind, werden viel zu oft verschrieben. Und wer sie länger als einige Wochen lang genommen hat, kommt nur schwer wieder davon los.“ Zitat Ende.

 

Und weiter heißt es in dem Artikel:

Zitat „Dabei drohen bei langfristiger Einnahme gefährliche Nebenwirkungen. Knochenbrüche durch Osteoporose zum Beispiel oder ein schwerer Magnesiummangel, der unter anderem zu Herzrhythmusstörungen und Krampfanfällen führen kann.

Eine aktuelle Analyse der Barmer Krankenkasse für den SPIEGEL ergab, dass 2015 allein in Deutschland rund 13,4 Millionen Patienten Protonenpumpenhemmer verordnet wurden – jedem sechsten Einwohner.

Und es sind beileibe nicht nur ältere Menschen, die das Magenmedikament bekommen. In einigen Bundesländern erhielt jede zehnte Frau zwischen 20 und 29 Jahren ein Säureblocker-Rezept. So hat sich zwischen 2006 und 2015 in Deutschland die Zahl der verordneten Tagesdosen mehr als verdreifacht. Dazu muss man noch die Protonenpumpenhemmer rechnen, die von Patienten ohne Verordnung direkt in der Apotheke gekauft werden.

Die Rezeptflut lasse sich medizinisch nicht mehr rechtfertigen, sagt Barmer-Chef Christoph Straub. Sie sei „weder durch steigende Erkrankungsraten noch durch demografische Faktoren zu erklären“.

Johann Fischaleck, Fachapotheker für Klinische Pharmazie und Teamleiter Arzneimittel bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, kann das bestätigen. Er stellte fest, dass von den rund 500 Millionen Tagesdosen Säureblockern, die in Bayern jedes Jahr verordnet werden, etwa 70 Prozent bei Beschwerden verschrieben werden, für die sie gar nicht zugelassen sind – etwa bei Völlegefühl oder Aufstoßen. „Einige Menschen kennen bei Essen und Trinken keine Grenzen mehr“, sagt Fischaleck, „und haben am nächsten Tag entsprechende Beschwerden – schon soll ein Protonenpumpenhemmer herhalten.“

Auch in den Kliniken werden die Mittel häufig ohne triftigen Grund verabreicht. „Es kommt fast kein Patient mehr ohne Protonenpumpenhemmer aus dem Krankenhaus“, kritisiert der Allgemeinmediziner Michael Kochen, der auch Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist. Sehr oft werde dem Hausarzt empfohlen, dem Patienten das Medikament ambulant weiter zu verschreiben. Eine Untersuchung einer Arbeitsgruppe Kochens an mehr als 500 Patienten ergab: In 58 Prozent der Fälle ließ sich kein sinnvoller Grund für die Weiterverordnung finden.

Der Säureblocker-Boom scheint ein weltweites Phänomen zu sein. Experten beklagen eine Verordnungsschwemme in Ländern wie Jordanien, Indien, Südkorea, Singapur und Peru. Niemand weiß, wie viele Millionen Menschen auf dem Planeten mittlerweile regelrecht abhängig von den Mitteln geworden sind.“ Zitat Ende (Quelle: SPIEGEL vom 10. Januar 2017)

 

Nachdem, was man heute weiß, haben die „Magenschützer“ folgende Nebenwirkungen bzw. Langzeitschäden:

  1. Gefahr von Osteoporose, weil die Aufnahme von Kalzium und Magnesium gehemmt wird
  2. Vitamin B12-Mangel, ebenfalls wegen schlechterer Aufnahme.
  3. Vermehrt Darminfekte, weil die Magensäure ein Schutz vor schädlichen Bakterien darstellt
  4. Vermehrt Lungenentzündungen bei älteren Menschen, weil Bakterien den Magen-Darm-Trakt passieren – und dann in den Blutkreislauf gelangen können.
  5. Übersäuerung des Organismus, weil  Mineralstoffe nicht aufgenommen werden und der wichtigste Säure-Basen-Regulator, das Natriumhydrogencarbonat nicht genügend produziert wird.

Viele Symptome, die Menschen beklagen, haben ihre Ursache im leichtfertigen, vor allem längeren Gebrauch von „Magensäure-Blockern“. Leider verführt der Marketing-Begriff „Magenschutz“ zu der Annahme, das könne ja keinem schaden … .

Macht „Magenschutz“ süchtig und krank?